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Eau de Cologne - (k)ein Duft für Jedermann

Wenn es später hell und früher dunkel wird, sehne ich mich nach einem ganz bestimmten Duft - dem Duft meiner Kindheit, dem Duft wunderschöner Erinnerungen, Geborgenheit und Leichtigkeit, Fröhlichkeit und Sommer. Ich liebe diesen Duft, seit ich denken kann. Meine Großmutter hatte immer ein Fläschchen in ihrer Handtasche und auf der Frisierkommode stand ein großer Flakon. Sie holte bei Bedarf ein Spitzentaschentüchlein hervor und gab ein paar Tropfen des Kölnisch Wasser darauf, um dann an ihrem hauchdünnen Spitzentuch zu riechen. In solchen Momenten kam mir meine Oma vor wie eine Grande Dame. Auch meine Mutter hatte eine Vorliebe für Eau de Cologne und ich habe, natürlich, im Bad und in der Handtasche "Kölnisch Wasser".

Meine Oma und auch meine Mama liebten den Duft des Kölnisch Wassers von der Firma mit den bekannten vier Zahlen, ich dagegen mische es mir oft selbst nach einer alten Rezeptur. Natürlich kaufe ich mir auch schon mal aus lauter Nostalgie einen kleinen Flakon  oder leiste mir das Original von 1709 einer anderen Kölner Parfummanufaktur, dessen Duft meine Nase dem Duft aus der Glockengasse vorzieht.

 

Mit der Geschichte des Eau de Cologne sind 3 Namen untrennbar verbunden: Giovanni Paolo de Feminis (1660/65 - 1736), Johann Maria Farina (1685 - 1766) und Wilhelm Muehlens (1762 - 1841).

Feminis kam aus der italienischen Provinz Novara gegen 1690 nach Köln.  Dort fing er an, ein Aqua mirabilis, ein Wunderwasser, nach einer Rezeptur aus seiner Heimat herzustellen.

Jahre später kam auch Johann Maria Farina aus Mailand nach Köln und kreierte eine neue Rezeptur für ein Aqua mirabilis, in Anlehnung an das Rezept von Feminis, dessen Zusammensetzung leider nicht bis in unsere Zeit überliefert wurde. Voraussetzung für diesen neuen Duft war die Kunst, Alkohol aus Wein rein zu destillieren (Weingeist), die Farina aus Italien mitbrachte. Er kreierte seinen Duft aus Ölen der Bergamotte, Bitterorange (Pomeranze), Zitrone, Cedrat, Limette, Veilchen, Jasmin, Sandelholz, Olibanum und anderen Kräutern aus seiner italienischen Heimat.  „Mein Duft ist wie ein italienischer Frühlingsmorgen nach dem Regen, Orangen, Pampelmusen, Citronen, Bergamotte, Cedrat, Limette und die Blüten und Kräuter meiner Heimat.“ schrieb Johan Maria Farina über sein Parfum.

Auf der Webseite von Farina wird ein Teil der Inhaltsstoffe preisgegeben:

  • Kopfnote: Bergamotte, Zitrone
  • Herznote: Galbanum, Jasmin, Veilchen
  • Basisnote: Sandelholz, Zedernholz, Olibanum, Moschus

Der Philosoph Voltaire (1694 - 1778) schrieb über das Eau de Cologne von Farina: "Endlich ein Duft, der nicht den Körper verklebt, sondern den Geist inspiriert."

 

Wer den bekannteren Duft aus der Glockengasse in seinem Duftgedächtnis gespeichert hat, wird bei dem Duft von Farina's Eau de Cologne verwundert sein - dieser Duft ist feiner, komplexer, zu Beginn schon sehr von der Bergamotte geprägt, aber durch die Blütendüfte, Sandelholz und Weihrauch duftet es , für mich, nach dem Verfliegen der Kopfnote weicher und sanfter.

 

Die Duftmanufaktur "Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs Platz" wurde im Juli 1709 von Johann Baptist Farina, Bruder von Johann Maria, als "G. B. Farina" gegründet.  Nach dem Tod von Johann Baptist im April 1732 führte Johann Maria das Geschäft unter neuem Namen, "Johann Maria Farina", allein weiter und seit 1768 wird der, heute noch gültige, Firmenname verwendet.

Angeblich ist es Offizieren der französischen Rheinarmeen im Siebenjährigen Krieg (1756 - 1763) zu verdanken, dass aus dem "Aqua Mirabilis" der uns so gebräuchliche Begriff "Eau de Cologne" geworden ist.  Mit den Soldaten gelang der Duft dann nach Paris.

 

 

 

 

 

 

 

Bezugsquellen des Eau de Cologne in Paris.

Schaut man direkt unter das Bild des Stammhauses, kann man lesen, welche königlichen Häupter der damaligen Zeit mit dem Duftwasser versorgt wurden.

 

 

 

 

 

 

 

(Quelle)

 

Das Eau de Cologne war sehr beliebt und fand in Köln zahlreiche Nachahmer, allerdings hat bis heute niemand die Rezeptur von Johann Maria Farina kopiert.

Eine Legende besagt, dass im Oktober 1792 ein Kartäusermönch aus der Düsseldorfer Linie der Familie Farina - Franz Carl Gereon Maria Farina (1764 - 1821) - Wilhelm Muehlens zu seiner Hochzeit mit Catharina Moers eine Rezeptur für ein "Aqua Mirabilis" schenkte.

1794 wird Köln von französischen Truppen besetzt und ein Kommandeur der Truppen ordnet, zur besseren Orientierung, eine fortlaufende Nummerierung der Häuser in Köln an. Das Haus der Muehlens in der Glockengasse erhielt die Nummer 4711 und so führte die Firma zu Beginn den Namen "Franz Maria Farina, Glockengasse 4711, Cöln".

 

Zu dieser Zeit war Eau de Cologne ein innerlich einzunehmendes Heilmittel, dessen Zusammensetzung von allen Herstellern geheim gehalten wurde. Im Jahr 1810 erließ Napoleon Bonaparte eine Anordnung nach der die Rezepturen für Heilmittel veröffentlicht werden mussten. Seit diesem Zeitpunkt wurde Eau de Cologne von allen Herstellern als Duftwasser, äußerlich anzuwenden, deklariert, damit die Rezepturen nicht preisgegeben werden mussten.

 

 

 

 

 

1820 wird die alte, nur liegend zu transportierende, Rosoli-Flasche von der Molanusflasche (nach dem Parfumeur Peter Heinrich Molanus) abgelöst. Sie ist leichter zu transportieren, besser aufzubewahren und bietet Platz für ein schönes, großes Etikett.

 

 

 

 

 

Bis zum Jahr 1881 führte die Familie Farina mit der Familie Muehlens Rechtsstreitigkeiten um die Verwendung des Namens Farina in deren Firmennamen.  Nachdem das königliche Oberlandesgericht zu Cöln dem damaligen Inhaber Ferdinand Muehlens endgültig untersagt hat, den Namen Farina zu verwenden, wurde die Firma im Handelsregister als "Eau de Cologne- und Parfümerie-Fabrik Glockengasse No.4711 gegenüber der Pferdepost von Ferd. Mülhens" eingetragen. Bereits 1875 hatte Ferdinand Muehlens "4711" als Marke eintragen lassen.

 

Ein Teil der Inhaltsstoffe von 4711 Echt Kölnisch Wasser wird wie folgt angegeben:

  • Bergamotte
  • Zitrone
  • Petit Grain
  • Orange
  • Lavendel
  • Rosmarin
  • Neroli

Diese Zusammensetzung unterscheidet sich von der Rezeptur der Firma Farina.

 

Wer mag kann sich auf der Seite von "4711" eine Reihe von alten Werbefilmen und einiges mehr zur Geschichte ansehen.

 

2017 wurde zum 225 jährigen Bestehen eine Neukomposition des bekannten Kölnisch Wasser als "4711 Remix Cologne Anniversary Edition 225 years" in den Verkauf gebracht. Ich habe, eher zufällig,  eine Flasche, der auf 24.000 Stück limitierten, Edition erstanden. Der Duft unterscheidet sich sehr vom bekannten 4711, er ist weicher, sanfter und verfliegt nicht so schnell.

 

Etwas Kurioses am Rande - die Zahl 4711 ist in der Medizin eine Eselbrücke für die Größe der Milz: 4 cm dick, 7 cm breit und 11 cm lang.

 

Mein Eau de Cologne Rezept besteht aus:

  • 300ml      Wodka
  • 16 Trpf.    Bergamotte
  • 16 Trpf.    Zitrone
  • 10 Trpf.    Orange (am liebsten Bitterorange)
  •    8 Trpf.    Rosmarin (cineol)
  •    8 Trpf.    Lavendel
  •    4 Trpf.    Neroli
  •    2 Trpf.    Petit Grain Bigarade
  •    80 ml     destilliertes Wasser

Je nach Lust und Laune gebe ich noch 1 - 2 Tropfen Absolue von Jasmin, Ginster, Frangipani, Tuberose oder Mimose dazu. Am liebsten habe ich Ginster oder Frangipani.

 

Manchmal nehme ich als Grundlage aber auch Orangenblütenhydrolat - ich probiere immer rum und lasse mich von Stimmung, Lust und Laune und meiner Nase führen.

Schaut man sich die Rezeptur an, ist ein Eau de Cologne ein aromapraktischer Cocktail.

Die Bergamotte wirkt anregend auf die Serotoninproduktion, auf das "Glückshormon". Hauptinhaltsstoffe sind Linalylacetat (Ester) und Linalool (Monoterpenol). So wirkt das ätherische Öl entspannend, aber stimulierend und stimmungsaufhellend.

Die Zitrone wirkt aktivierend und stimmungsaufhellend. Hauptinhaltsstoff ist Limonen (Monoterpen).

Die Orange wirkt entspannend, aufhellend und angstlösend. Hauptinhaltsstoff ist Limonen (Monoterpen), die Bitterorange enthält Ester und hat einen niedrigeren Aldehydgehalt als die süße Orange.

Der Rosmarin wirkt anregend und hat als Hauptinhaltsstoff 1,8 - Cineol (Oxid) und Pinene und Camphen (Monoterpen).

Der Lavendel wirkt ausgleichend, beruhigend, antidepressiv, angstlösend und, auch wenn es sich paradox liest, bei Erschöpfung erfrischend und anregend. Hauptinhaltsstoff ist Linalylacetat (Ester) und Linalool (Monoterpenol).

Neroli wird oft mit den Bachblüten - Notfalltropfen verglichen. Es wirkt beruhigend, entspannend, stimmungsaufhellend und ausgleichend. Hauptinhaltsstoffe sind Linalool (Monoterpenol), Limonen (Monoterpen) und Linalyacetat (Ester).

Petit Grain aus der Bitterorange wirkt stark stimmungsaufhellend, entspannend und ausgleichend. Hauptinhaltsstoffe sind Linalylacetat (Ester) und Linalool (Monterpenol).

 

Frangipani, Ginster, Jasmin und Mimose enthalten hauptsächlich aromatische Ester, Tuberose enthält hauptsächlich Ester und sind alles wundervoll duftende Wohlfühldüfte.

 

Alles in Allem ein wundervolles Gemisch in der dunklen Jahreszeit, der Duft zaubert in Gedanken den Sommer herbei und lässt die Sonne scheinen, trotzdem mögen viele Menschen diesen Duft nicht. Er wird als Oma-Duft deklariert, nicht in unsere Zeit passend, ähnlich dem Duft des Lavendels.

Für mich ist Kölnisch Wasser ein Wohlfühlduft, am liebsten selbst gemacht, aber auch die gekauften Düfte wirken.

 

 

Kommentare: 6
  • #6

    Gaby (Sonntag, 19 Januar 2020 09:20)

    Hallo Claudia,
    schau mal unter der Linkliste, dort findest Du Anbieter ätherischer Öle.
    Ich kann hier leider keine Links posten, aber schau mal unter dem Beitrag "Dufte Gedankensplitter/gedankliche Duftsplitter", da gibt es noch ein wenig mehr über die Qualität der ätherischen Öle zu lesen.
    Liebe Grüße

  • #5

    Claudia (Freitag, 17 Januar 2020 15:35)

    Schöner und informativer Artikel. Gibt es Tipps von Dir, wo die Ingredienzen zu bekommen sind? Das wäre toll.
    Liebe Grüße

  • #4

    martina (Montag, 10 Juni 2019 07:44)

    wirklich ganz gaaaanz toll geschrieben!!!!!!!!!
    ich werde das Rezept natürlich gleich ausprobieren
    Kölnischwasser ist eine Frage des Alters....als junge Frau mochte ich ihn nicht..eben wg dem Oma-Duft-Syndrom
    aber heute bin ich selbst Eine und siehe da ich liebe ihn und...meine Töchter rollen die Augen. Schön, dass es Dinge gibt die sich nie ändern :)
    Beste Grüße

  • #3

    Christine Braun (Montag, 15 Januar 2018 07:24)

    Ein wundervoller Artikel, man kann die Liebe zu den Düften heraus lesen und fühlt sich in die Kindheit zurück versetzt. Auch meine Oma benutzte das echt Köllnisch Wasser und wir durften es uns immer hinters Ohrläppchen tupfen.

  • #2

    Gaby (Freitag, 12 Januar 2018 22:25)

    Liebe Christine,
    danke für das Lob. Ich freue mich, dass Dir das Geschreibsel gefällt.
    Dufte Grüße
    Gaby

  • #1

    Christine Lamontain (Freitag, 12 Januar 2018 09:47)

    Liebe Gaby,
    was für ein wunderschöner und informativer Artikel.
    Vielen, vielen Dank dafür.
    Beim Lesen geriet ich regelrecht in einen Duftrausch, so nahe hast Du die Ingredienzien gebracht und Deine Dufterinnerungen. Die Geschichte um diesen Duft ist äusserst spannend. ...und schon damals hat man offensichtlich gut verstanden, bestimmte "hoheitliche" Forderungen umzudeuten...
    Herzlichst Christine